Hallo, mein Sohn rief mich vor etwa einer Stunde an und berichtete mir das es ein schweres Zugunglück bei der Westfälischen Landeseisenbahn (WLE) in Lippstadt gegeben hat. Schon morgens bei seinem Schichtbeginn bei den Hella- Werken sah er zahlreiche Feuerwehrfahrzeuge und zwei grosse Kräne der Fa. Bracht, Erwitte.
Das Unglück ereignete sich zwischen den Hella- Werksteilen, unweit der WLE- Hauptwerkstatt. Zwei Güterzüge, ein beladener Zug mit Kalkstein und ein leerer, sind frontal zusammengestossen. Der leere Zug wurde gut 500m in die entgegengesetzte Richtung gedrückt, die Wagen auch auf das angrenzende Gelände der Hella- Werke. Die Wucht des Aufpralls mag man daran ermessen das ein abgerissener Puffer zwei Gebäudewände durchschlug und noch eine Gitterbox zusammenfaltete. Eine Lagerhalle musste wegen vermeintlicher Einsturzgefahr gesperrt werden. Die Lokführer sollen schwerverletzt überlebt haben. Seiner Beschreibung nach ist eine der sechsachsigen, älteren Deutz- Loks (ex Dortmunder Eisenbahn) daran beteiligt, und eine Mak- Einheitslok. Der WDR ist vor Ort und wird mutmasslich in der aktuellen Stunde darüber berichten.
Der gesamte Betrieb auf der WLE zwischen Warstein und Ennigerloh- Anneliese (Zementwerk), sowie die Verbindung Neubeckum - Münster wird im Zugleitbetrieb betrieben, der Zugleiter sitzt in der Hauptwerkstätte Lippstadt. Anders als beim Zugleitbetrieb der DB gibt es aber in den Kreuzungsbahnhöfen auch Signale. Die Durchfahrungen der DB- Bereiche in Lippstadt, Neubeckum und Münster hingegen entsprechen der "normalen" Sicherungstechnik (SP DR S 60).
Mein Sohn hat soeben Bilder hochgeladen die er von den Aufräumarbeiten und vom Puffereinschlag in der Versandabteilung gemacht hat. Da die Bilder recht gross sind poste ich sie als Link (will ja nicht die Frames sprengen).
Ein WLE- Mitarbeiter gab an die Aufräumarbeiten werden bis Samstag andauern, danach müssen die Gleisanlagen wiederhergestellt werden, so das Anfang nächster Woche der Betrieb wieder aufgenommen werden kann.
Da kann man nur froh sein das sich der Waggon nicht ins Gebäude gebohrt hat und auch sonst keinem das Leben genommen wurde. Wie kann es da zu so einem Unglück kommen? Technisches Versagen? Menschliches? Gleiches gilt für den Unfall am selben Tag in Wuppertal Barmen, nachzulesen unter http://www.blaulichtreporter.de.
Am Freitagabend war die Strecke von den Unfallfahrzeugen geräumt, die schwerst beschädigten Wagen wurden per Strassentieflader, die anderen Wagen und Loks mit Hilfsfahrgestellen in die nur wenige hundert Meter entfernte Hauptwerkstatt verbracht. Übers Wochenende werden die Gleisanlagen wiederhergestellt, der WLE- Verkehr läuft zwischen Lippstadt und Neubeckum über die DB über Hamm.
In Antwort auf:Wie kann es da zu so einem Unglück kommen?
Wie ich ja schon weiter oben erwähnt hab wird die gesamte WLE im Zugleitbetrieb (vereinfachter Nebenbahndienst) betrieben. Beim Zugleitbetrieb ist das Verhalten in den Kreuzungsbahnhöfen (Einfahrt / Ausfahrt) im Fahrplan festgelegt. Der Lokführer entnimmt seinem Buchfahrplan ob er in einen Bahnhof einfahren darf oder die Weisung des zentralen Zugleiters abwarten muss. Sinngemäss gilt das auch für die Ausfahrt. Bei der DB steht anstelle des Einfahrsignals eine Trapeztafel, angekündigt durch eine Vorsignaltafel. Als Besonderheit werden auf der WLE aber schon lange Signale (SH- Signale) verwendet. Bei der DB ist mir kein Zugleitbetrieb mit Personenverkehr im Bereich der ehemaligen BD Essen bekannt, in den entlegenen Eifelregionen war es aber Gang und Gebe. Beim Unfall in Lippstadt lag der Fehler bei einem der Lokführer, der die Weisung missachtet hatte.
Beim Unfall in Wuppertal soll es an mangelnder Absprache zwischen Fahrdienstleiter und Bautruppführer gelegen haben. Ist für Arbeiten an Gleisen eine Sperrung erforderlich wird es fahrdiensttechnisch gesperrt. Bei Spurplan- Drucktasten Stellwerken (SpDr) wird das Einstellen von Zugstrassen elektrisch unmöglich gemacht, zusätzlich werden "Vergreifschutzkappen" mit Sperrsymbol an den entsprechenden Tasten angebracht. Bei mechanischen Stellwerken erfolgt das anbringen einer Hilfsperre an den entsprechenden Fahrstrassenhebeln. Die Sperrung wird im Zugmeldebuch dokumentiert, in den gesperrten Abschnitt eingelassene Fahrzeuge sind "Sperrfahrten", um zb. Material zur Baustelle zu bringen, diese werden ebenfalls dokumentiert. Übrigens werden auch Gleisanschlüsse auf freier Strecke so bedient, die Ausfahrt erfolgt auch in diesen Fällen nur auf Ersatzsignal (der kleine dreieckige Schirm neben dem Hauptsignal.) Die Sperrfahrt selbst bewegt sich mit höchtens 40 km/h auf Sicht. Erst nach Rückkehr aller eingelassenen Sperrfahrten mit Austragung im Zugmeldebuch darf eine Zugfahrt wieder zugelassen werden. Sperrungen für Bauarbeiten werden in einer "Betra" (Betriebsanweisung) festgelegt. Diese enthält die Sperrzeit und andere betriebliche Regelungen im Bereich der Baustelle. Müssen viele Fahrten in ein länger gesperrtes Gleis eingelassen werden wird es fahrdiensttechnisch zum Baugleis erklärt, die Abwicklung der eingelassenen Fahrten wird dadurch vereinfacht.